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  • »Es ist eine Idiotie zu denken, Wahlen werden in der Mitte gewonnen«

    Am letzen Montag war ich bei einem Vortrag von Chantal Mouffe im Deutsch-Amerikanischen Institut Nürnberg. Ihre Hauptthese war, dass die Demokratie einen Wettstreit, einen αγών zwischen verschiedenen Ideen und politischen Lagern darstellt. Der Fehler der Linken in Europa sei es, dass sie diesem Agon aus dem Weg geht und statt dessen versucht, die Wahlen „in der Mitte“ zu gewinnen.

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  • Die Demokratiebewegung im Nahen Osten und die Arroganz deutscher »Experten«

    Während sich die Meldungen aus Libyen, Bahrain und anderen arabischen Ländern überschlagen, fällt mir ein Interview mit dem Berliner Politologen Wolfgang Merkel wieder ein, das vor genau einer Woche auf der Internetseite der Tagesschau erschienen ist.

    Der Weg Ägyptens zur Demokratie ist weit. Zumal die Bedingungen für einen demokratischen Wandel nicht günstig sind, sagt der Transformationsforscher Merkel im Interview mit tagesschau.de. »Der Diktator ist gestürzt, ob der Sturz in eine Demokratie mündet, ist ungewiss.« Mit Blick auf Tunesien und Ägypten mag er auch nicht von einer Demokratisierungswelle in Nordafrika sprechen. »Zwei Schwalben machen noch keinen Frühling.«

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  • 200 000 demonstrieren und keiner merkt’s

    Nach langem Gezeter haben sich die Länder der Europäischen Union in der letzten Woche auf dem Gipfel in Lissabon darauf geeinigt, den gescheiterten Europäischen Verfassungsvertrag in leicht veränderter Form als »Reformvertrag« zu unterzeichnen. Natürlich wurde in der Presse darüber ausführlich berichtet, aber davon, dass in Lissabon während des Gipfels 200 000 Menschen einem Aufruf der portugiesischen Gewerkschaft CGTP-IN gefolgt waren und für ein »soziales Europa« und gegen das »neoliberale« Vertragswerk demonstrierten, darüber berichtete die Presse kaum.

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  • Europa braucht eine Verfassung, die diesen Namen verdient

    In einem Interview mit dem Deutschlandfunk hat der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker zur Krise um die Europäische Verfassung Stellung genommen. Es sei ein Fehler gewesen, von einer „Verfassung“ zu sprechen. Da hat er Recht: Das Problem mit dem Verfassungsvertrag besteht darin, dass er etwas als „Verfassung“ deklariert, was keine Verfassung ist. Allerdings ist die Konsequenz, die Juncker daraus zieht, falsch. Es ist keine Lösung, den Verfassungsvertrag einfach mit einem anderen Etikett zu versehen. Vielmehr braucht Europa eine Verfassung, die diesen Namen verdient.

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  • Wie demokratisch ist die EU?

    Die Auseinandersetzung um die Richtlinie zu »computer-implementierten Erfindungen« ist ein besonders lehrreiches Beispiel dafür, wie die Europäische Union funktioniert. Etwa die Sitzung des Europäischen Ministerrats am Montag, den 7. März 2005. Wieder einmal stand die definitive Abstimmung der Richtlinie auf der Tagesordnung. Inzwischen waren aber einige Regierungen auch formal von ihren nationalen Parlamenten aufegfordert worden, ihre Zustimmung zurückzuziehen und eine erneute Diskussion der Richtlinie zu fordern. Der luxemburgische Minister, der die Sitzung leitete, lehnte dies mit der Begründung ab, dass dadurch ein Präzedenzfall geschaffen würde, der zu Verzögerung in anderen Gesetzgebungsverfahren führen könnte.

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