Hat die US-Regierung das Asylrecht „verschärft“?

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Eine verbreitete Verwirrung im Umgang mit Rechtsbegriffen fällt mir in letzter Zeit häufiger auf. Heute lese ich in der Online-Ausgabe der Tagesschau die folgende Überschrift:

US-Regierung verschärft Asylrecht

Eine „Verschärfung“ des Asylrechts stelle ich mir so vor: Die Durchsetzung des Asylrechts wird gestärkt; es lässt sich nicht mehr so leicht umgehen oder ignorieren. Wenn ich weiterlesen, stelle ich fest: Es ist genau das Gegenteil passiert. Das Asylrecht würde eingeschrânkt. Häusliche Gewalt und Bedrohung durch kriminelle Banden werden nicht mehr als Asylgrund anerkannt.

Hinter der falschen Überschrift steht ein seltsames Verständnis von Recht und Rechtsstaat: Alles, was die Macht des Staates gegenüber den Individuen stärkt, ist eine „Verschärfung“. Das Asylrecht ist aber ein individuelles Grundrecht, das die Individuen schützt und den Staat verpflichtet. Die Verschärfung eines solchen Grundrechts schränkt die Macht des Staates ein. Das scheint für manche aber schon undenkbar.

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Kategorien Politik