Der Spiegel über OpenDocument und “Office Open XML”

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Nun berichtet auch Spiegel Online über die Revolution bei den Dateiformaten für Office-Anwendungen. Typisch ist allerdings, dass der Anlass dafür ein AP-Interview mit dem XML-Experten von Microsoft ist (offensichtlich das gleiche Interview, das auch in der aktuellen Ausgabe der c’t abgedruckt ist).

Dem entsprechend spiegelt der Artikel auch etwas zu sehr die Sicht von Microsoft wider. So kommt z. B. kaum heraus, dass Microsoft im Rahmen dieser Revolution immer nur reagiert hat und dass es vor allem an Microsoft liegt, dass es nun zwei konkurrierende Formate gibt.

Das OpenDocument-Format ist – auf der Basis des Dateiformats von OpenOffice.org – aus einer mehrjährigen Diskussion in einer Arbeitsgruppe der Standardisierungsorganisation OASIS entstanden. Microsoft ist zwar Mitglied von OASIS, hat sich aber nicht an der Entwicklung eines gemeinsamen Office-Dateiformats beteiligt.

Von daher hat es „die Chance für einen einheitlichen Dokumentenstandard“ schon längst gegeben, aber Microsoft hat sie nicht genutzt.

Wenn sich Microsoft jetzt darüber beklagt, dass das OpenDocument-Format nicht alle Funktionen enthält, die Microsoft Office benötigt, so ist das höchst fadenscheinig. Es hätte in der OASIS-Arbeitsgruppe durchaus die Möglichkeit gegeben, das Format entsprechend zu erweitern. Selbst das kleine KOffice-Projekt, das erst relativ spät in die OpenDocument-Arbeitsgruppe eingestiegen ist, hat einige zum Teil weitgehende Erweiterungen durchgesetzt.

Statt sich an der Entwicklung eines gemeinsamen Formats zu beteiligen, hat Microsoft lieber sein eigenes Format entwickelt, das nicht nur wie OpenDocument die technischen Grundprinzipien des OpenOffice.org-Formats (XML-Dateien in einem Zip-Archiv) imitiert, sondern auch dessen ursprünglichen Namen: statt “OpenOffice XML” heißt Microsofts Format “Office Open XML”.

Verfolgt man den Prozess insgesamt, merkt man, wie wichtig für Microsoft der Vendor Lock-In mittels des eigenen Dateiformats ist und wie sehr es deshalb ein einheitliches herstellerunabhängiges Dateiformat fürchtet. Was Microsoft nun an Offenheit einführt, ist eine bloße Reaktion auf den wachsenden Druck einiger öffentlicher Verwaltungen, wobei diese Reaktion größtenteils Dinge imitiert, die andere lange vorher entwickelt haben.

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