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Der Makkabäerschrein in St. Andreas zu Köln

Gestern lag das neue Heft der Zeitschrift Welt und Umwelt der Bibel in meinem Briefkasten, das der Zeit der Makkabäer und ihrer Bedeutung für christliche-jüdische Theologie und Frömmigkeit gewidmet ist.

Passend zum Erscheinungstermin, am Tag vor dem Dreikönigstag, gibt es auch zwei Artikel zur Verehrung der makkabäischen Märtyrer in der Domstadt Köln. Denn zusammen mit den Reliquien der Hl. Drei Könige wurden 1164 auch Reliquien der sieben Brüder und ihrer Mutter nach Köln überführt. Schließlich werden sie in der katholischen Kirche als Heilige verehrt, weil sie lieber in den Tod gegangen sind, als Schweinefleisch zu essen.

Der Makkabäerschrein in St. Andreas zu Köln
Köln, St. Andreas, Machabäerschrein, Datum: 06.01.2005, Fotograf: Hans Peter Schaefer. Wikimedia Commons

Die Beschreibungen zum Makkabäerschrein in der Basilika St. Andreas und zum Makkabäeraltar in der Kirche St. Maria in der Kupfergasse machen Lust, mal wieder nach Köln zu fahren, um sich diese Schätze christlicher Frömmigkeit anzusehen. Darüber hinaus enthält der Artikel von Marie-Theres Wacker zur „Mutter der Sieben“ eine schöne Abbildung aus der Marienbasilika in Kevelear (in der auch noch andere vorchristliche Heilige verehrt werden wie z. B. der Hl. Jesaja).

Ich frage mich, warum in der heutigen Kirche diese Tradition der Verehrung vorchristlicher Heilige eher verdrängt wird. Liegt es daran, dass der christliche Reliquienkult aus jüdischer Sicht eher als Leichenschändung erscheinen muss? Oder liegt es daran, dass man aus Rücksicht gegenüber dem Judentum diese Heiligen nicht vereinnahmen will?

Aber eigentlich gehören sie doch zu unserem gemeinsamen Erbe. Denn die Trennung von Judentum und Christentum wurde erst viel später vollzogen. Wäre es nicht gerade heute an der Zeit, die Kontinuität von Altem und Neuen Testament zu betonen, da der Markionismus, der zwischen dem bösen Gott des Alten und dem lieben Gott des Neuen Testaments unterscheidet, eine erstaunliche Renaissance erlebt? Ich kann mich jedenfalls an keine Gottesdienstvorbereitung erinnern, bei der nicht irgendjemand den Vorschlag gemacht hat, die alttestamentliche Lesung wegzulassen, weil sie dem christlichen Gottesbild nicht entspricht.

Da feiere ich dann doch lieber das Fest des Hl. Jesaja (6. Juli) oder das der sieben Brüder und ihrer Mutter (1. August).

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Kategorien Theologie

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Mit der Veröffentlichung von OpenDocument als ISO-Norm und der Anerkennung von Microsofts “Office Open XML” durch die ECMA erreicht der Streit um das zukünftige Standardformat für Office-Dokumente eine neue Stufe.

Eine gute Einführung in das, worum es geht, bietet ein Interview mit Georg Greve von der FSFE über Das Dateiformat der Zukunft in der ORF Futurezone.

Greve bezieht sich in dem Interview auf die umfangreiche Diskussion zu diesem Thema im Internet. Leider sind die Quellen dazu nicht angegeben. Das versuche ich hier nachzuholen.

Binäre Daten in Microsofts OOXML

Die Microsoft-Formate haben ihren Hintergrund darin, Daten entlang der internen Struktur binär abzuspeichern. OpenXML bricht nur bedingt mit dieser Tradition, indem es die Daten in XML-Container speichert, dabei aber weiterhin auf proprietäre Datenformate von Microsoft setzt.

In dem Blogeintrag A bit about the bit with the bits zeigt Rob Weir, das “Office Open XML” einige Angaben (wie z. B. den Zeichensatz der verwendeten Schriftart) in binärer Form als Bitmaske speichert.

Eine Zeichenformatierung sieht in OOXML so aus:

<w:font w:name="Times New Roman">
<w:sig w:usb0="20002A87" w:usb1="80000000" w:usb2="00000008" w:usb3="00000000" w:csb0="000001FF" w:csb1="00000000">
...
</w:font>

Ein grundlegendes Problem daran ist, dass die binäre Repräsentation der Daten plattformspezifisch ist. Andere Systeme als Microsoft Windows müssen diese Binärdaten irgendwie übersetzen bzw. die Binärstruktur von Windows nachbilden.

Das ist auch der Grund, warum manche Kritiker meinen, dass OOXML nur eine XML-Verpackung um die alten proprietären Microsoft-Office-Formate ist.

Historische Merkwürdigkeiten in OOXML

Es ist im Wesentlichen aber eine Beschreibung von Microsofts Formaten, inklusive aller historisch gewachsenen Merkwürdigkeiten.

In einem anderen Blogeintrag A Leap Back zeigt Rob Weir am Beispiel der Datumsberechnung, dass sich OOXML so eng an die Programmstruktur von Microsoft Office hält, dass es selbst Merkwürdigkeiten übernimmt, die MS Office aus rein historischen Gründen mit sich herumschleppt. So berechnet Excel das Jahr 1900 als Schaltjahr, obwohl es gar kein Schaltjahr war. Die “Office Open XML (OOXML)”-Spezifikation übernimmt „aus Kompabilitätsgründen“ (“for legacy reasons”) diese Seltsamkeit inklusive der Komplikationen, die damit verbunden sind (wenn z. B. die Wochentage zwischen 1.1.1900 und 28.2.1900 berechnet werden müssen).

Rob Weir kommentiert:

The “legacy reasons” argument is entirely bogus. Microsoft could have easily have defined the XML format to require correct dates and managed the compatibility issues when loading/saving files in Excel. […] Sure this requires extra code to be added to Excel. Excel has a bug. Of course it will require code to fix a bug. Deal with it. I think the alternative of forcing the rest of the world to adopt a new calendar system is the ultimate in chutzpah.

OpenXML als Einbahnstraße

Weiter meint Greve im Interview:

Wer also Microsofts Format vollständig umsetzen will, müsste im Wesentlichen nicht nur OpenXML implementieren, was Andrew Shebanow von Adobe an Hand der Angaben von Microsoft auf einen Aufwand von 250 Personenjahren eingeschätzt hat, sondern eben auch die proprietären Formate, die in OpenXML eingebettet sind, was vermutlich bedeutet, große Teile von Windows nachbauen zu müssen, wie Bob Sutor von IBM bereits ausgeführt hat.

In dem Blogeintrag Is Office Open XML A One-Way Standard? Ask Microsoft kommentiert Andrew Shebanow den Blogeintrag Open XML Converters for Mac Office des Word-für-Mac-Koordinators Rick Schaut, in dem dieser begründet, warum es noch einige Zeit dauern wird, bis Microsoft Word für Mac das neue Microsoft-Dateiformat unterstützen wird. Schaut schätzt, dass ein Team von 5 Personen annähernd ein Jahr braucht, um einen Konverter zu schreiben, damit Word für Mac das neue Dateiformat lesen kann. Daraus berechnet Shebanow, wieviele Personenjahre nötig sind, um Konverter zum Lesen und Schreiben der neuen Dateiformate für alle Office-Komponenten zu entwickeln – also auch Excel und Powerpoint.

Bob Sutor von IBM argumentiert in seinem Blogeintrag Is Open XML a one way specification for most people? aufgrund der oben genannten Argumente (historische Merkwürdigkeiten und binäre Daten), dass man für eine vollständige Implementierung von OOXML große Teile der internen Struktur von Microsoft Office nachbauen muss:

Fully and correctly implementing Open XML will require the cloning of a large portion of Microsoft’s product.

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Kategorien Offene Standards, Unternehmen

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Schon etwas älter, aber ich habe es gerade erst über Presentation Zen entdeckt: eine Präsentation von Lawrence Lessig über freie Kultur.

Der »Refrain« dieser Präsentation lautet:

1. Creativity and innovation always builds on the past.
2. The past always tries to control the creativity that builds on it.
3. Free societies enable the future by limiting the past.
4. Ours is less and less a free society.

Wer sich in einer guten halben Stunde auf unterhaltsame Weise informieren will, was heutzutage in der Welt des so genannten »geistigen Eigentums« schief läuft, sollte sich diese Präsentation ansehen.

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Kategorien Urheberrecht, Commons

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In der gestrigen Ausgabe der Zeit (2. November 2006, S. 23) setzt sich Klaus-Peter Schmid in einer Kolumne mit dem Untertitel »Sprudelnde Steuern sind kein Argument für Umverteilung« dagegen ein, dass die zusätzlichen Steuereinnahmen für »soziale Wohltaten« verwendet werden.

In einem gewissen Sinne hat Schmid ja recht: Sprudelnde Steuern sind kein Argument für Umverteilung. Nur geschieht eben genau das – allerdings in die entgegengesetzte Richtung: von den Lohnabhängigen zu den Kapitalbesitzern.

Denn was ist es anderes als Umverteilung, wenn die Bundesregierung die Mehrwertsteuer erhöht und im Gegenzug die Unternehmenssteuern senkt? Wer jedoch wie Schmid die Steuerprogression bei der Einkommenssteuer als Umverteilung ansieht, wird das wahrscheinlich nicht verstehen. Allerdings hat er schon das Prinzip der Steuerprogression nicht begriffen. Denn dabei geht es nicht um Umverteilung, sondern allein um den schlichten Gedanken, dass wer mehr zu leisten imstande ist, auch mehr leisten soll.

Seit Jahrzehnten nimmt der Anteil der Löhne am Volkseinkommen ab und der Anteil der Unternehmensgewinne steigt, wie erst letzte Woche Stephen Roach, Chefvolkswirt bei der US-Investmentbank Morgan Stanley, in seinem Papier “Labour versus Capital” gezeigt hat. Inzwischen beginnen auch einige Ökonomen einzusehen, dass diese Art von Umverteilung die Gefahr eines Investitionsstaus birgt, weil angesichts des hohen Renditeniveaus immer weniger zusätzliche Investitionen noch rentabel erscheinen (vgl. die Kolumne von Lucas Zeise in der Financial Times Deutschland vom 31.10.2006). Aber anstatt gegenzusteuern, unterstützt der Staat diese Art von Umverteilung von unten nach oben noch mit seiner Steuerpolitik.

Deshalb wäre auch ich schon froh, wenn die schwarz-rote Bundesregierung die zusätzlichen Steuereinnahmen nicht für eine weitere Umverteilung verpulvern würde.

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Kategorien Europa, Umverteilung

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Nun berichtet auch Spiegel Online über die Revolution bei den Dateiformaten für Office-Anwendungen. Typisch ist allerdings, dass der Anlass dafür ein AP-Interview mit dem XML-Experten von Microsoft ist (offensichtlich das gleiche Interview, das auch in der aktuellen Ausgabe der c’t abgedruckt ist).

Dem entsprechend spiegelt der Artikel auch etwas zu sehr die Sicht von Microsoft wider. So kommt z. B. kaum heraus, dass Microsoft im Rahmen dieser Revolution immer nur reagiert hat und dass es vor allem an Microsoft liegt, dass es nun zwei konkurrierende Formate gibt.

Das OpenDocument-Format ist – auf der Basis des Dateiformats von OpenOffice.org – aus einer mehrjährigen Diskussion in einer Arbeitsgruppe der Standardisierungsorganisation OASIS entstanden. Microsoft ist zwar Mitglied von OASIS, hat sich aber nicht an der Entwicklung eines gemeinsamen Office-Dateiformats beteiligt.

Von daher hat es „die Chance für einen einheitlichen Dokumentenstandard“ schon längst gegeben, aber Microsoft hat sie nicht genutzt.

Wenn sich Microsoft jetzt darüber beklagt, dass das OpenDocument-Format nicht alle Funktionen enthält, die Microsoft Office benötigt, so ist das höchst fadenscheinig. Es hätte in der OASIS-Arbeitsgruppe durchaus die Möglichkeit gegeben, das Format entsprechend zu erweitern. Selbst das kleine KOffice-Projekt, das erst relativ spät in die OpenDocument-Arbeitsgruppe eingestiegen ist, hat einige zum Teil weitgehende Erweiterungen durchgesetzt.

Statt sich an der Entwicklung eines gemeinsamen Formats zu beteiligen, hat Microsoft lieber sein eigenes Format entwickelt, das nicht nur wie OpenDocument die technischen Grundprinzipien des OpenOffice.org-Formats (XML-Dateien in einem Zip-Archiv) imitiert, sondern auch dessen ursprünglichen Namen: statt “OpenOffice XML” heißt Microsofts Format “Office Open XML”.

Verfolgt man den Prozess insgesamt, merkt man, wie wichtig für Microsoft der Vendor Lock-In mittels des eigenen Dateiformats ist und wie sehr es deshalb ein einheitliches herstellerunabhängiges Dateiformat fürchtet. Was Microsoft nun an Offenheit einführt, ist eine bloße Reaktion auf den wachsenden Druck einiger öffentlicher Verwaltungen, wobei diese Reaktion größtenteils Dinge imitiert, die andere lange vorher entwickelt haben.

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Kategorien Unternehmen, Offene Standards